2019 – alles sollte neu werden und bevor ich mich anschickte, mal wieder einen neuen Beruf zu erlernen, wollte ich laufen. Laufen, wandern, spazieren, flanieren … mich treiben lassen und in freier Natur bewegen. Frei sein, bevor die Schulbank zu drücken wär und ich für Prüfungen zu lernen hatte. Raus und weg – war ich mit Elias unterwegs. Einem kleinen, rüstigen Eselmann, den ich bei Celine Aktivreisen in Flieth gemietet hatte. Einer mußte ja die Sachen tragen und außerdem gehört ein Esel ja wohl mit dazu, wenn man eine „Kulinarische Eselwanderung“ bucht. Drei Tage, zwei Übernachtungen, ein Esel und jede Menge Uckermark. Wir starteten in Grünheide, liefen über Schmiedeberg bis nach Biesenbrow, wo wir in der Kleinen Schäferei bei Luca Kloß übernachteten. Elias im Stall und ich in einer schönen Unterkunft. Am nächsten Tag ging es über Ziethen Mühle und Breitenteichische Mühle bis nach Welsow zur Pension am Froschteich, bevor wir am dritten Tag den Lenné-Park in Görlsdorf besuchten.
2021 – ich bin Busfahrer und arbeite für die BVG, den Betriebshof Lichtenberg. Narcisse, der Esel, mit dem ich vor fünf Jahren in Frankreich auf dem Stevenson-Weg wanderte, lebt inzwischen in meiner Nähe und auch das neue Buch „Tausche Alltag gegen Alpaka“ ist bereits erschienen/ist im Buchhandel erhältlich – war ich wieder mit einem Esel in der Uckermark unterwegs. Wieder hatte mir Katrin van Zwoll (Celine Aktivreisen) eine Tour geplant. Diese Tour! Diesmal nur ein paar Tage später – Grünheide, Schmiedeberg, Biesenbrow. Dann weiter nach Welso und am dritten Tag der Rücktransport von Görlsdorf nach Flieth. Dazu ein Esel … mein Esel Narcisse.
Eine Reise, zwei Esel. Interessant war, wie unterschiedlich die beiden Tiere sich verhielten. Elias sehr folgsam, leicht zu bewegen und eher vorsichtig unterwegs. Immer etwas abwartend und wirklich gut erzogen. Narcisse dagegen ein echter Sturkopp – voller Eigensinn. Manchmal startet der Motor schwer und oft braucht es viel Führungsstärke, um den Grauen auf Kurs zu bringen. Aber wenn er läuft, dann zieht mein Narcisse voll durch. Ich kann gar nicht sagen, wie schnell wir waren. Auf jeden Fall waren wir sehr schnell. Ein Tempo, welches allein mein Esel bestimmt. Ich rede ihm da nicht rein. Die große Gemeinsamkeit … verfressen. Elias, der Kleine mit dem großen Appetit, und mein Narcisse, der läuft und nascht und nascht und läuft. Es dauert immer eine Weile, aber irgendwann schaltet er in den Fress-wander-Modus und dann zieht er voll durch.
Wenn ich beurteilen sollte, warum Narcisse nicht so leicht und schnell reagiert, warum er manchmal nur schwer in Gang kommt und Zögerlichkeiten bei uns Menschen sofort ausnutzt, dann würde ich sagen, dass er aus Frankreich – er war über zehn Jahre lang immer auf dem Stevenson- und dem Jakobsweg unterwegs – eine deutlich forschere/energischere Ansprache gewöhnt ist. Dieser Vergleich in der Herangehensweise ist augenfällig und ich erlebe es immer wieder, weil er es auch bei mir probiert. Mein eigenbrötlerischer Esel hat seinen eigenen Kopf. Und was geschah nach unserer Ankunft in Biesenbrow? Keine zehn Minuten nachdem mein Narcisse auf seiner Koppel stand.
Houdini, so sein Spitzname, schaute mal vorbei. Seitdem er in Deutschland lebt, ist Narcisse nicht mehr abgehauen. Noch nie war er außerhalb der Absperrungen unterwegs und kaum gehen wir beide wieder wandern … zack, steht mein Esel vor der Tür.
Zu den Bildern: 2019 links/Elias, 2021 rechts/Narcisse.